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Crypto Agility rückt die IT-Architektur ins Rampenlicht

Die Laubhaufen AG stellt sich der Herausforderung der Crypto Agility, um ihre IT-Architektur fit für den «Q-Day» zu machen. Erfahren Sie, wie CEO Frau Stachelig und CISO Herr Mehlwurm planen, kryptografische Assets zu ersetzen und Prozesse zu automatisieren, damit das Unternehmen für die neue Ära der IT-Sicherheit bestens gerüstet ist. Der nachfolgende Artikel – humorvoll mit fiktiven Protagonisten angereichert – illustriert Theorien wie auch Konzepte und konkrete Erfahrungen aus der Praxis.

Die Igel der Laubhaufen AG sind seit Jahren erfolgreich unterwegs, vor allem dank ihrer konsequenten Umsetzung der Strategie «buy before make». Dies schliesst auch die Verantwortung des IT-Architekturteams ein, das stets darauf bedacht ist, dass die IT-Umgebung stabil bleibt und die Systeme reibungslos funktionieren.

Nun hat sich Frau Stachelig (CEO) über die Ostertage spannende Artikel aus der IT-Security-Welt zu Gemüte geführt. Während sie das rechte Ohr des dritten Schoko-Osterhasen geniesst, blieb sie bei einem Beitrag zu «Crypto Agility» hängen. Dieser handelte vom kommenden «Q-Day». Nachfolgend eine Zusammenfassung dessen, was sie gelesen hat:

Crypto Agility Definition

Krypto-Agilität beschreibt die Fähigkeit, schnell und flexibel auf sich ändernde kryptografische Anforderungen zu reagieren. Sie konzentriert sich auf die Sichtbarkeit und Vorgänge bezüglich der Krypto-Assets einer Organisation.

Krypto-Agilität erfordert Transparenz über den Einsatz der Kryptografie in einer Organisation (z.B. Protokolle, Bibliotheken, kryptografischen Algorithmen und Zertifikate, etc.) und die Fähigkeit, Probleme zeitnah erkennen und beheben zu können. Eine Organisation, die Krypto-Agilität umgesetzt hat, ist in der Lage, veraltete Krypto-Assets zu ersetzen, ohne die bestehende Systeminfrastruktur erheblich zu beeinträchtigen. Wir haben in einem separaten Blogartikel bereits tiefergehend darüber berichtet.

Q-Day

Der «Q-Day» ist der Tag, an dem herkömmliche kryptographische Algorithmen durch einen leistungsfähigen Quantenrechner geknackt werden können.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt müssen die angreifbaren kryptografischen Algorithmen durch Quanten-Kryptografie-resistente Algorithmen substituiert sein, weil sonst die Bad Guys die Rechenleistung von Quanten-Computern für ihre Zwecke «nutzen». Wann der Q-Day sein wird, stand nicht in besagtem Artikel. Das Thema hat die CEO jedoch angestachelt...

Die Laubhaufen AG wird aktiv

Sie ahnen es: Am nächsten IT-Stand-Up-Meeting der Führungsigel wollte Frau Stachelig (CEO) wissen, wie die Laubhaufen AG bezüglich Crypto Agility aufgestellt ist – das heisst, wie die Krypto-Assets bei der Laubhaufen AG substituiert werden könnten.

Herr Mehlwurm (CISO der Laubhaufen AG) wurde hellhörig. Mit Schaudern erinnerte er sich an die ungeplanten Wochenend-Aktionen, um eine aktiv ausgenutzte Vulnerability schnell zu patchen und die Kunden der Laubhaufen AG über den Fortschritt der Patching-Arbeiten zu informieren. Das war jedes Mal sehr unerfreulich.

Er ging jeweils wie folgt vor:

 

Herausforderungen gelöst durch
Betroffene Komponenten identfizieren
  • Befragung verschiedener Personen
  • Code- und Konfigurationsanalyse der Komponenten
  • Schreiben eigener Skripte zur Extraktion von Informationen
  • Durchführen von Schwachstellen-Scans
Owner der Komponenten finden Befragen (und bestimmen)
Beheben der Vulnerability

Je nachdem:

  • Ersatz des vulnerablen kryptografischen Algorithmus
  • Update von Keys bzw. Secrets
  • Update von Konfigurationen
  • Korrektur der verwendeten Libraries
  • Korrektur im Source-Code 
Testen und deployen

Manuelles Testen aller Systeme und Deployment der Patches oder Konfigurations-Anpassungen.

Vorbereiten der Kundenkommunikation

Finden der betroffenen Kunden durch Herumfragen bei allen Kontakten über die Fachbereiche hinweg.

Tabelle 1 Vorgehensweise «Patchen Vulnerability»

Jede*r CISO kennt diese Herausforderungen. Es werden Listen erstellt, die bei der nächsten «Hot Mission» als Grundlage dienen. Weil die Informationen nicht nachgeführt werden, verlieren diese rasch an Aktualität und Nutzen. Und die Ad-hoc-Übungen beginnen bei der nächsten Vulnerability von Neuem…

Key Management Prozesse

Dem CISO drückt auch in einem anderen Bereich der Schuh: beim Key Management. Zu den Standardprozessen für das Key Management gehören das Erzeugen, Speichern, Erneuern und Ausserkraftsetzen von Schlüsseln. Diese Vorgänge sind nicht nur aus Sicherheitsgründen kritisch. Wenn sie nicht korrekt ausgeführt werden, verhindern unpassende Schlüssel den Betrieb von Anwendungen und führen im schlimmsten Fall zu Datenverlust.


Angelehnt an das NIST-Key-Management-Dokument hatte Herr Mehlwurm eine Zeichnung für die interne Key-Management-Richtlinie der Laubhaufen AG erstellt:

 

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Abbildung 1: Internes Key Management der Laubhaufen AG

 

Die manuellen Prozesse kosten dem CISO und der IT viel Zeit. Ganz abgesehen davon, dass keine zuverlässigen Informationen über die Schlüssel, kryptografischen Algorithmen und die Anwendungen vorliegen.

Die Architektin tritt auf den Plan

Frau Stoppel, die IT-Architektin der Laubhaufen AG, hat am Führungsmeeting ihren Auftritt. Sie nimmt Bezug auf die Erfahrungen des CISO. Dabei erklärt sie: Das Nachführen von Listen genügt nicht. Für eine nachhaltige Lösung muss das Vorgehen standardisiert und das Arbeitsgebiet Kryptografie analysiert werden.

Frau Stoppel erwähnt folgende Punkte.

 

Schritte Massnahmen Beispiele
Verständnis gewinnen

Verstehen der Anforderungen von Business, Compliance und der IT. Ableiten von Anforderungen an die Krypto-Assets.

Wie müssen Daten mit einem bestimmten Schutzbedarf verschlüsselt werden? Schlüssel müssen automatisch rotiert werden.

Erkennen von Zusammenhängen

Erarbeiten einer Übersicht über die Krypto-Assets im Unternehmen und deren Zusammenhang.

Anwendungen legen Daten in einem verschlüsselten Fileshare oder Blob ab.

Gruppierung von kryptografischen Anwendungsfällen

Herausarbeiten der verschiedenen Anwendungszwecke von Krypto-Assets.

Bezug von Zertifikaten über eine interne oder externe PKI. 

Definition von Anwendungsfällen

Für die identifizierten Anwendungszwecke werden die entsprechenden Use Cases definiert.

Unterstützung der Key Management Prozesse, z.B. automatische Generierung eines Zertifikats oder Schlüssels.

Tabelle 2 Analyseschritte

Der erste Schritt ist demnach, Wissen zu gewinnen, wie die IT der Laubhaufen AG bezüglich Krypto-Assets aufgestellt ist. Die Stichworte heissen «Detektion» und «Inventarisierung». Dazu hat Frau Stoppel mehr zu sagen, als man denken würde…

Detektion und Inventarisierung

Das Ziel von Detektion ist, alle Krypto-Assets zu finden. Anschliessend werden die Informationen im Krypto-Inventar nachgeführt. Das Krypto-Inventar kann auf einer herkömmlichen Inventarisierungs-Lösung aufbauen. Voraussetzung ist, dass deren Datenmodell erweiterbar ist.

Bei der Laubhaufen AG sind folgende Krypto-Assets von Interesse:

  • Kryptografische Geheimnisse
  • Devices mit einer Kryptografie-Funktion
  • Speicherort von Geheimnissen
  • Implementierung von kryptografischen Algorithmen, Kryptografie-Bibliotheken
  • Protokolle für Kryptografie
  • Verwendete kryptografischen Algorithmen

Die genannten Krypto-Assets werden in der Folge näher betrachtet.

Wie leicht detektierbar sind kryptografische Geheimnisse

Kryptografische Geheimnisse sind mehr als Keys, wie die nachstehende Aufstellung zeigt. Einige Geheimnisse sind «flüchtig» und somit nicht oder nur schwer detektierbar.

 

Kryptografisches Geheimnis Erklärung Persistente Speicherung und damit detektierbar
Zertifikat

Beglaubigt den zu einem privaten Schlüssel gehörenden öffentlichen Schlüssel.

Ja

Symmetrischer Key

Verschlüsselt und entschlüsselt Daten mit dem gleichen Schlüssel, daher «symmetrisch».

Ja

Shared Key

Zwei Parteien teilen sich einen Schlüssel.

Pre-Shared Keys: Ja
Negotiated Session Keys: Nein

Passwort

Ein Passwort wird meist als Hash abgelegt.

Ja

Message Authentication Code MAC

Stellt mittels eines Algorithmus und einem Key die Authentizität einer Message sicher.

Nein

Random Number Generation

Erstellen von nicht hervorsagbaren Zufallszahlen.

Nein

One-Time Password

Random erstellte, einmal nutzbare Passwörter.

Nein

Biometrie

Biometrische Merkmale einer Person.

Ja

Tabelle 3 Kryptografische Geheimnisse

Auf die Frage, was für Informationen bezüglich den Keys relevant sein könnten, zeichnet Frau Stoppel eine Liste auf das Whiteboard im Sitzungszimmer:

  • Kryptografischer Algorithmus
  • Länge von Keys
  • Erstellungsdatum
  • Expiration-Datum
  • Versionen-Nr. (z. B. bei rotierten Keys)
  • Schlüsselzustand (nicht aktiv, aktiv, suspendiert, kompromittiert, expired)

Kryptografische Devices

Es hilft, zu wissen, wonach gesucht wird. Es gibt eine ganze Reihe von kryptografischen Devices, die zu unserem Krypto-Ökosystem gehören:

 

Device Beschrieb Zweck Detektion möglich
HSM
Hardware-Security-Module
  • Sichere Speicherung kryptografischer Artefakte.
  • Beherrscht verschiedene kryptografische Algorithmen und Zugriffsprotokolle.
Ja
Hardware-Verschlüsselung
Verschlüsselung einer Verbindung.
Einen oder mehrere Endpunkte über eine verschlüsselte Verbindung anbinden.
Ja
Smart Card Dongle
  • Mobiles Device, das Schlüssel speichert und kryptografische Algorithmen durchführt.
  • One-Time Passwords.
Authentisierung, Signierung, Transaktions-Sicherheit.
 
Schwierig, da mobiles Device.
Trusted Plattform Module (TPM)
Im TPM werden Schlüssel und Zertifikate sicher gespeichert. Mit diesen werden kryptografische Funktionen durchgeführt. TPM sind im FIPS-Standard nach Sicherheitsstufen klassifiziert.
Billigere Devices können die Funktionalität des Crypto Chips in Software emulieren.
Sicherer Startup von Systemen. 
Beherrscht verschiedene kryptografische Algorithmen.
Ja
Crypto Chip
Spezialisierte Chips wie sie häufig in IoT Geräten verwendet werden.
Offloading von Kryptografie aus Performance-Gründen.
Nur wenn Device an das Netzwerk angebunden ist und Einsicht in die Konfiguration ermöglicht.

Tabelle 4 Kryptografische Devices

Speicherort von Geheimnissen

Die Art und Weise, wie Geheimnisse gespeichert werden, hat einen wesentlichen Einfluss auf die Sicherheit der verwendeten Kryptografie. Darum muss auch der Speicherort im Krypto-Inventar festgehalten werden.

 

Speicherort Erklärung
Hardware-Security-Module (HSM)
Schlüssel werden innerhalb des HSM erzeugt und verlassen dieses normalerweise nicht.
In Key Stores
Key Stores wie z.B. der Java Key Store sind Files, in denen Geheimnisse abgelegt sind. Der Java Key Store kann mit einem Passwort geschützt werden. Ein erweiterter Schutz ist durch die Vergabe von File-System-Zugriffsrechten möglich.
Plugable Devices
Geheimnisse können auch in einsteckbaren Devices oder Smartcards abgelegt sein. Die Geheimnisse sind z. B. ein Zertifikat und der zugehörige private Schlüssel oder Biometrie.
Im Kopf
Häufig ist das Geheimnis im Kopf eines Users abgespeichert.
Im Source Code
Das sollte nicht der Fall sein, kommt jedoch vor. Z.B. für die Etablierung einer Verbindung zur Datenbank.
In Passwortmanagern
In Passwortmanagern können beliebige Geheimnisse abgelegt werden.

Tabelle 5 Speicherort von Geheimnissen

Implementierung von kryptografischen Algorithmen

Kryptografische Algorithmen können von Entwicklerinnen auf unterschiedliche Art und Weise implementiert werden.

 

Implementierung mit Erklärung
Library
Es wird eine kryptografische Library verwendet.
Vertreter von kryptografischen Libraries:
  • OpenSSL: Implementiert Transport Layer Security TLS
  • Bouncy Castle: Crypto Library for Java and C#
  • Crypto++: Crypto Library for C++
Im Anwendungscode
Kryptografische Funktionen können im Anwendungscode selbst implementiert sein.
API
Lokale API-Aufrufe gegenüber einer Library oder remote Aufrufe an einen kryptografischen Service.

Tabelle 6 Implementierungsorte kryptografischer Algorithmen

Protokolle für Kryptografie

Es gibt kryptographische Protokolle für verschiedene Bedürfnisse. Protokolle sind durch die Analyse des Netzwerkverkehr detektierbar. Dadurch lässt sich bereits ein guter Überblick über die Protokolle gewinnen. Hier einige Vertreter:

 

Protokoll Erklärung
Internet Protocol Security
IPSec / Internet Key Exchange (IKE)
Erlaubt eine Virtual Private Network (VPN) Verbindung.
Kerberos
Protokoll zur Authentisierung, das im Unix- und Windows Umfeld verwendet wird.
Point-to-Point Protocol (PPP)
Layer 2 Protocol für Authentisierung und Verschlüsselung.
Secure Shell (SSH)
Remote Login und Ausführung von Befehlen auf einem Remote Host.
Transport Layer Security (TLS)
Sichere Kommunikation über ein Netzwerk.
Key Management Interface Protocol (KMIP)
Ein Protokoll zur Schlüsselverwaltung und Durchführung kryptografischer Operationen. KMIP wird im 2. Blog vertieft besprochen.

Tabelle 7 Protokolle im Bereich Kryptografie

Datenerhebung

Frau Stachelig, die CEO, findet das alles schön und gut. Nur kann sie sich nicht vorstellen, wie diese Informationen bei der Laubhaufen AG automatisiert gewonnen werden könnten.

Die Architektin erklärt, dass es zwei Möglichkeiten für die Informationssammlung gibt: Scanning und Agenten. Beides hat Vor- und Nachteile, die sie hier zusammenfasst:

 

Kriterium

Scanning

Agent
Einfache Handhabung
Scanning benötigt nur den Scan-Server und eine offene Netzwerkverbindung zum Ziel.
Agenten werden auf dem Zielsystem installiert.g
Gewonnene Informationen
Es können die Informationen gewonnen werden, die über das Netzwerk erhältlich sind (mit oder ohne Login).
Der Agent gewährt einen tieferen Einblick in das Zielsystem.
Anwendungsbereiche
  • Erste Informationsgewinnung.
  • Systeme für die keine Agenten verfügbar sind.
Vertiefte Analyse.

Tabelle 8 Scanning vs. Agenten

Fünf Gründe für den Krypto-Agilitäts-Ansatz

Es ist nun klarer, dass es einiges an Informationen zu den Krypto-Assets gibt. Bleibt abschliessend die Frage zu klären: Wozu soll das alles gut sein?

Praktischer Nutzen I: Risikobewertung

Die gewonnenen Informationen lassen sich für die Risikobestimmung nutzen. So können neue Vulnerabilities aufgrund der zugeordneten Verletzlichkeit priorisiert behoben werden.

Frau Stoppel zeigt eine (sehr) pragmatische Formel zur Risikobestimmung, die auf den gewonnenen Informationen basiert. Die Einstufung erfolgt anhand einer Skala 1-4 für die Werte tief, mittel, hoch und sehr hoch.

 

Einflussfaktor Beispiele
Schutzbedarf eines Assets
Schutzbedarf eines Assets:
  • Einstufung aus Desaster Recovery Plänen

Schutzbedarf der in dem Asset gespeicherten Information:

  • Einstufung Schutzbedarf durch Data Owner
Abhängige Systeme

Verbindungen zu anderen Assets (Systemen):

  • Auswertung aus Netzwerk- und Protokollanalyse
Schweregrad der Vulnerability
CVE, Information aus relevanten Quellen.
Exponiertheit (Angeifbarkeit)
Erreichbarkeit eines Systems für einen Angreifer.

Tabelle 9 Einflussfaktoren Risikobewertung

Zur Illustration ein paar Beispiele. Die Werte wurden gemäss dem oben genannten Schema quantifiziert.

 

Asset Schutzbedarf des Assets Abhängige Systeme Schweregrad der Vulnerability Exponiertheit (Angreifbarkeit) Punkte (Verletzlichkeit)
AD

4

4

2

3

96

Customer DB

4

1

1

2

8

JIRA

2

3

4

1

24

Open SSL Library

4

4

4

4

256

Tabelle 10 Beispiele Risikobewertung

Praktischer Nutzen II: Abfragen und Compliance

Aus dem Krypto-Inventar können Abfragen Auskunft geben über:

•    Veraltete oder schwache kryptografische Algorithmen
•    Veraltete Libraries
•    Rotationsbedarf von Schlüsseln
•    Speicherorte von Geheimnissen

Damit können Compliance-Fragen beantwortet und Reports erzeugt werden. Zudem kann eine Roadmap für den Ersatz von kryptografischen Algorithmen mit den zu erwartenden Aufwänden definiert werden.

Praktischer Nutzen III: Key Management

Informationen über kryptografische Geheimnisse erleichtern das Key Management, indem relevante Informationen, z.B. zu den verwendeten Keys, vorliegen.

Praktischer Nutzen IV: Patching

Die Informationen im Krypto-Inventar sind eine gute Grundlage für das Patching. Die Kryptografie-Attribute der relevanten Komponenten sind darin gespeichert. Abfragen wie «Zeige alle Systeme auf denen MD5 als Hash-Algorithmus verwendet wird», ermöglichen die Migration auf einen aktuellen Algorithmus.

Erinnern Sie sich noch, wie Herr Mehlwurm seine Liste für die «Hot Mission» durchging? Er sinniert: Wenn die Laubhaufen AG ein Krypto-Inventar hätte, sähen die Arbeitsschritte wie folgt aus:

 

Vorgehensschritt Mit Kryptografie-Inventar
Betroffene Komponenten identifizieren.
 
Konsultieren Kryptografie-Inventar.
Owner der Komponenten finden.

Nachsehen im Kryptografie-Inventar.

Beheben der Vulnerability

Je nach Vulnerability dezentral vorgenommen:

  • Ersatz des kryptografischen Geheimnisses
  • Ersatz des kryptografischen Algorithmus
  • Anpassung von Konfigurationen

Zentral vorgenommen:

  • Ersatz Library durch SW-Verteilung
  • Korrektur Anwendungscode durch SW-Verteilung
Testen und Deployen
Manuelles Testen und Deployment der Patches oder Konfigurations-Anpassungen.
Vorbereiten der Kundenkommunikation
Generieren von Reports aus der Crypto Agility Lösung.

Tabelle 11 Vorgehensschritte mit Krypto-Inventar

Praktischer Nutzen V: Crypto Bill of Material

Die Laubhaufen AG als Herstellerin von mobilen Laubhaufen und Igelhäusern muss die EU-Gesetzgebung für Exporte in den EU-Raum befolgen. Die Laubhaufen-Produkte übermitteln Telemetriedaten wie Standort, Temperatur und Betriebsstunden an die Laubhaufen AG. Herr Mehlwurm zitiert aus dem Verordnungsvorschlag des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend Cybersicherheitsanforderungen:

Artikel 2, Anwendungsbereich (1): 
«Diese Verordnung gilt für Produkte mit digitalen Elementen, deren bestimmungsgemäße oder vernünftigerweise vorhersehbare Verwendung eine direkte oder indirekte logische oder physische Datenverbindung mit einem Gerät oder Netz einschließt».

Er fährt fort: Das Crypto Bill of Material CBOM ist eine Erweiterung des Software-Bill-of-Materials-Konzepts (SBOM). Darin werden Software-Stücklisten, die eine formale Aufzeichnung der Einzelheiten und Lieferkettenbeziehungen der Komponenten, die in den Softwareelementen eines Produkts mit digitalen Elementen enthalten sind, geführt.

Zum Schluss erklärt Herr Mehlwurm den Bezug zur Cyber-Security, der aus den Erwägungsgründen der Verordnung ersichtlich wird: «Zur Erleichterung der Schwachstellenanalyse sollten die Hersteller feststellen und dokumentieren, welche Komponenten in den Produkten mit digitalen Elementen enthalten sind, und dazu gegebenenfalls eine Software-Stückliste aufstellen. Eine Software-Stückliste kann denjenigen, die Software herstellen, kaufen und betreiben, Informationen vermitteln, die ihr Verständnis der Lieferkette verbessern. Was für sie wiederum zahlreiche Vorteile mit sich bringt und vor allem Herstellern und Nutzern hilft, bekannte neu auftretende Schwachstellen und Risiken zu verfolgen. Für die Hersteller ist es besonders wichtig, sich zu vergewissern, dass ihre Produkte keine anfälligen Komponenten enthalten, die von Dritten entwickelt wurden.»

Crypto Agility als Chance

Die Führungsigel halten Crypto Agility für einen guten Ansatz. Nicht immer haben Herr Mehlwurm (CISO) und Frau Stoppel das Blatt im selben Laubhaufen. In diesem Falle sieht der CISO die Chance, sich in Zukunft die Arbeit erleichtern und stressige Abklärungen vermeiden zu können. Nur die Schritte beim «Beheben der Vulnerability» und «Testen und Deployen» hätten alle gerne vereinfacht. Sie nehmen sich vor, Massnahmen dazu als Pendenz im Auge zu behalten. Ausserdem sollte der Key-Management-Prozess stärker automatisiert werden. Denn noch verwendet die CISO-Truppe der Laubhaufen AG zu viel Zeit mit dem Ersatz von Schlüsseln und Zertifikaten.

Für die Führungsigel ist das kein Grund zur Sorge: Sie haben zu diesem Thema bereits einige Optimierungsideen auf Lager.

In einem weiteren Schritt gehen die Igel das Thema Crypto Agility «Ready»-Architektur und -Automatisierung an. Wie die Igel der Laubhaufen AG diese Herausforderung angehen, erfahren Sie demnächst im zweiten Teil dieser Blogserie. Melden Sie sich für die Blog-Updates an, damit Sie umgehend informiert sind, sobald der zweite Teil aufgeschaltet ist.

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Markus Pfister
Über den Autor / Markus Pfister

InfoGuard AG - Markus Pfister, Senior Cyber Security Consultant

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